Neue Technik im Saug- und Spüleinsatz

Kanalpflege mit Plan: Seit diesem Jahr kümmert sich der Städteservice Raunheim Rüsselsheim (STS) um die Abwassernetze beider Städte. Für die regelmäßige Reinigung setzen die Teams hochmoderne Saugspülfahrzeuge ein.



Beim Betrieb der Kanalisation in Rüsselsheim und Raunheim wächst jetzt endgültig zusammen, was bereits zusammengehört. Denn behandelt werden die Abwässer beider Städte schon lange in der Zentralkläranlage des Abwasserverbandes am Rüsselsheimer Rugbyring 152. Nun hat der Städteservice Raunheim Rüsselsheim (STS) auch den gemeinsamen Betrieb beider Kanalnetze übernommen. Zu den Aufgaben gehört vor allem das Spülen der insgesamt 68 Kilometer (Raunheim) und 287 Kilometer (Rüsselsheim) langen Kanalabschnitte sowie das Reinigen der Sinkkästen und Kastenrinnen.

Mit moderner Technik unter Tage

Fernbedienung für die Haspel, Recycling des Spülwassers, intelligente Unterstützung der Kanalarbeiter bei vielen Arbeitsschritten: Das gerade angeschaffte Saugspülfahrzeug des Städteservice bietet sehr gute Arbeitsbedingungen für einen anspruchsvollen Job. Entsprechend zufrieden sind Ahmed Abdelouahhab und Roman Kolodziej mit dem vierachsigen Spezialfahrzeug auf einem MAN-Fahrgestell. Aber auch die Anwohner der Einsatzstelle können zufrieden sein: Denn zu den neuen Lösungen gehört unter anderem, dass bei der geruchsintensiven Reinigung von Fettabscheidern ein Duftstoff ausgebracht wird.

„Allerdings ist Kanal nicht gleich Kanal“, sagen die Fachvorarbeiter Ahmed Abdelouahhab (42) und Roman Kolodziej (59): So zeichnet sich das Raunheimer Netz beispielsweise durch ein stärkeres Gefälle aus als in Rüsselsheim. Deshalb muss hier durchschnittlich nur einmal im Jahr gespült werden. In Rüsselsheim dagegen, das von vergleichsweise flach abfallenden Kanalstrecken geprägt ist, rücken die Spül- und Saugwagen des STS mindestens zweimal im Jahr an. „Dazu kommen besonders kritische Punkte, die wir bis zu einmal im Monat reinigen“, sagt Ahmed Abdelouahhab.

Ihre Einsatzschwerpunkte kennen die Kanalexperten genau. Dabei sind Erfahrungswerte und das Wissen um die historische Entwicklung der Kanalisation in der Opelstadt unverzichtbar. In Raunheim, wo die Kanalisation bis zum vergangenen Jahr von externen Dienstleistern gereinigt wurde, arbeiten die Kanalwerker des STS deshalb auch eng mit dem örtlichen Abwassermeister zusammen, um hier schnell auf das gleiche Wissensniveau zu kommen.

Fakten zum Kanalnetz

Das Kanalisationsnetz in Raunheim und Rüsselsheim hat insgesamt eine Länge von knapp 355 Kilometer. Davon entfallen 68 Kilometer auf Raunheim und 287 Kilometer auf Rüsselsheim. Die Durchmesser der Röhren reichen von 250 Millimeter bis zwei Meter im größten Hauptsammler. Fast überall wird der Kanal in runden Rohren geführt, gemauerte Kanäle mit eiförmigem Durchschnitt gibt es kaum noch. Behandelt werden alle Abwässer der beiden Städte in der Zentralkläranlage am Rüsselsheimer Rugbyring. Die einzige Ausnahme davon ist der Rüsselsheimer Stadtteil Bauschheim, der eine eigene Kläranlage besitzt. Allerdings wird der dort anfallende Schlamm mit dem Saugfahrzeug abgeholt und in die Zentralkläranlage gebracht. Lange Transportstrecken, beispielsweise aus Königstädten, überbrücken Pumpwerke. Zum Kanalnetz gehören auch die rund 12.000 Sinkkästen (davon etwa 2.000 in Raunheim) sowie zahlreiche Kastenrinnen (alleine Rüsselsheim besitzt mehr als 2.000 Stück).

Die Kanalisation ist ein Netzwerk unter der Stadt, das Schmutzwasser aus Häusern und Gewerbebetrieben ebenso ableitet wie das Regenwasser. Weil beide Fraktionen sich in der Belastung stark unterscheiden, werden seit vielen Jahren getrennte Kanalstrecken gebaut. In Rüsselsheim beispielsweise, sagt Roman Kolodziej, gibt es knapp 90 Kilometer Mischwasserkanal, in den alle Abwässer eingeleitet werden. Die restliche Infrastruktur teilt sich auf in 116 Kilometer Regenwasser- und 81 Kilometer Schmutzwasserkanal.

Wasser marsch! Wenn sich Fette, Schwebstoffe und andere Partikel aus dem Abwasser in den Kanalröhren absetzen, rücken die Teams des STS diesen Ablagerungen mit Hochdruck zu Leibe. Dazu dienen die modernen Saug- und Spülwagen. An deren Heck befindet sich eine Haspel mit einem Hochdruckschlauch, der in den Kanal abgelassen wird. An der Spitze des Schlauchs ist eine Düse befestigt, die einen Wasserstrahl nach vorne abgibt, um Ablagerungen aufzulockern. Gleichzeitig spritzt die Düse mit Hochdruck nach hinten und schiebt sich so samt des Schlauchs durch den Kanal nach vorn. „Bis zu 160 Meter weit können wir uns auf diese Weise durch den Kanal arbeiten“, erläutert Ahmed Abdelouahhab – sofern es keine Absätze auf dieser Strecke gibt“. Anschließend wird der Schlauch zurückgezogen und der gelöste Schmutz dabei bis unter das Kanalfahrzeug gefördert. Von dort wird er mit der Saugeinrichtung aufgenommen.

Insgesamt vier Saugspülfahrzeuge hat der STS im Einsatz, der jüngste Vierachser ist gerade in Dienst gestellt worden. Die kommunalorange lackierten Riesen sind das ganze Jahr über im Einsatz, nur bei Minusgraden kann nicht an der Kanalisation gearbeitet werden. Für einen Durchgang durch das Raunheimer Netz rechnet der Städteservice derzeit mit einer dreiwöchigen Phase, in der zwei Fahrzeuge eingesetzt werden.

Speisereste gehören nicht ins Abwasser

Ob Suppenrest oder Bratfett: Speisereste sollen nicht über das Abwasser entsorgt werden, sondern gehören in die Mülltonne. Denn vor allem Fett und Öl lagern sich schnell im Rohrsystem der Kanalisation ab. Außerdem locken die organischen Abfälle im Kanal Ratten an. Der STS rät deshalb, Speisereste über die Biotonne zu entsorgen. Am besten wickelt man sie dazu in Zeitungspapier ein. Das saugt Restflüssigkeiten auf und verringert die Geruchsbildung.

Das Reinigen der Kanäle erfolgt immer nach einer ausgeklügelten Strategie, erklärt Roman Kolodziej: Schließlich wird der gelöste Schmutz nicht komplett von den Fahrzeuge aufgenommen, sondern vieles davon fließt in der Kanalisation weiter. Daher spülen die Experten immer vom höchsten Punkt zur Kläranlage hin, um die gelösten Ablagerungen in einer großen Welle bis zur Kläranlage zu bringen. Deshalb haben sie sich vor den ersten Einsätzen in Raunheim auch intensiv mit den Plänen des dortigen Netzes vertraut gemacht und die höchsten Punkte definiert. Von hier aus beginnt dann die Spülkampagne: Für Sauberkeit unter der Stadt.